Spermidin: Ein starkes Anti-Aging-Mittel, um der Zeit zu trotzen
Die einzigartigen Anti-Aging-Vorteile von Spermidin
Einer der interessantesten Ernährungsfaktoren zur Bekämpfung des Alterns ist eine einzigartige Aminosäure namens Spermidin. Wie der Name bereits vermuten lässt, wurde Spermidin erstmals 1678 vom berühmten niederländischen Wissenschaftler Anton Van Leeuwenhoek – auch als „Vater der Mikrobiologie“ bekannt – in menschlichem Sperma entdeckt. Spermidin ist für die Funktion der Spermien besonders wichtig, doch es spielt eine bedeutende Rolle in den Zellen des gesamten Körpers.
Spermidin bekämpft den Alterungsprozess mittels verschiedener biologischer Mechanismen. Doch in diesem Artikel geht es um die Rolle von Spermidin als Verstärker eines Prozesses, der Autophagie genannt wird, und die Funktion der Mitochondrien, der energieproduzierenden Zellbestandteile, die als entscheidende Faktoren für die signifikanten Anti-Aging-Wirkungen gelten.
Bei der praktischen Anwendung dieser Effekte werden eine spermidinreiche Ernährung oder spermidinhaltige Nahrungsergänzungsmittel als Anti-Aging-Strategie genutzt.
Die Gabe von Spermidin verlängert in Alterungsmodellen und in Tierstudien die Lebenserwartung, ob bei lebenslänglicher Verabreichung oder zu einem späteren Zeitpunkt im Leben. Beim Menschen trägt die lebenslange Aufrechterhaltung des Spermidinspiegels zu einer längeren Lebenserwartung bei. Die Blutwerte für Spermidin und sein Stoffwechselprodukt Spermin waren bei Personen im Alter zwischen 60 und 80 Jahren höher als bei Personen unter 50 Jahren. Dennoch sind die Werte bei Personen über 90 Jahren ähnlich wie bei Personen unter 50. Dieser Befund weist auf einen Zusammenhang zwischen einem höheren Spermidinwert und einer höheren Lebenserwartung hin.
Was bewirkt Spermidin?
Unterstützung der Zellfunktion
Spermidin spielt eine entscheidende Rolle für die Funktion und das Überleben von Zellen. Es wird benötigt, um Schlüsselmoleküle zu aktivieren, die an folgenden Prozessen beteiligt sind:
- Zellwachstum
- DNA-Stabilität
- Transkription genetischer Informationen
- Bildung körpereigener Proteine
Stärkung der Immungesundheit
Außerdem spielt Spermidin eine wichtige Rolle bei der Immunantwort und dem antioxidativen System, insbesondere beim Schutz der Membranlipide und der DNA.
Aktivierung des Stoffwechsels
Darüber hinaus aktiviert Spermidin einen Haupt-Stoffwechselschalter, ein Enzym namens AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPk). Die Aktivität der AMPk spielt eine große Rolle beim Energiestoffwechsel und hängt auch mit der Lebenserwartung zusammen. Mit zunehmendem Alter nimmt die AMPk-Aktivierung in den Zellen ab. Dies hat Insulinresistenz, eine beeinträchtigte Leberfunktion, die Anhäufung von Bauchfett (Viszeralfett) und den Verlust von Muskelmasse (Sarkopenie) zur Folge. Bei der Aktivierung der AMPk könnte es sich um einen entscheidenden Anti-Aging-Effekt von Spermidin handeln.
Unterstützung von Anti-Aging-Prozessen
Was jedoch seine Anti-Aging-Effekte angeht, so konzentriert sich ein Großteil der Studien auf Spermidin als Verstärker von Autophagie und der Mitochondrienfunktion.
Was ist Autophagie?
Autophagie bedeutet wörtlich übersetzt „sich selbst essen“. Es handelt sich um einen Zellreinigungsprozess, bei dem die angesammelten Abfallprodukte in einen Bereich innerhalb der Zellen befördert werden, der als Lysosom bezeichnet wird, damit sie zerstört und möglicherweise wiederverwendet werden können.
Die Autophagie ist der Qualitätskontrollprozess in der Zelle, bei dem zellulärer Abfall, Ablagerungen, Mikroorganismen und unerwünschte Stoffe entsorgt und verwertbare Bestandteile wiederverwendet werden können.
Die Wissenschaft und Bedeutung der Autophagie ist eine verhältnismäßig neue Entdeckung. Im Jahr 2016 erhielt der japanische Biologe Yoshinori Ohsumi den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine Entdeckung der Autophagie-Mechanismen.
Spermidin und seine potentiellen Vorteile für die Langlebigkeit
Eine verstärkte Autophagie wurde bei ungewöhnlich gesunden hundertjährigen Menschen festgestellt und scheint ein wichtiges Ziel für ein gesünderes, längeres Leben zu sein. Zunächst spielt bei der Autophagie die Genetik eine Rolle, doch Ernährung, Lebensstil und Nahrungsergänzungsmittel können die Expression der Autophagie-Gene erheblich beeinflussen. Spermidin etabliert sich als ein wichtiger Ernährungsfaktor zur Verbesserung der Autophagie-Funktion.
Spermidin verstärkt die Autophagie durch seine Wirkung auf verschiedene Gene, die die Autophagie fördern, darunter das Autophagie-Gen (ATG5). Menschen, die dieses Gen im Übermaß produzieren, leben möglicherweise länger. Als Reaktion auf oxidative Schäden, Schäden durch freie Radikale und eine verminderte Mitochondrienfunktion wird die Expression von ATG5 reduziert. Spermidin scheint also die Auswirkungen dieser Faktoren auf die Unterdrückung der Autophagie umzukehren.
Zusätzlich zu den experimentellen Nachweisen aus Studien, die belegen, dass die Einnahme von Spermidin die Lebenserwartung steigern können, gibt es auch Humanstudien, die einen Zusammenhang zwischen einer höheren Spermidinzufuhr und einer geringeren Sterblichkeitsrate zeigen.
Mit anderen Worten: Eine höhere Spermidinzufuhr kann die Lebenserwartung steigern, also ein längeres und gesünderes Leben bedeuten. Spermidin ist auch vielversprechend hinsichtlich des Schutzes vor Alterung, insbesondere in Gehirn, Herz, Leber, Gelenken und Muskeln. Diese Organe und Körperteile sind besonders anfällig für die schädlichen Auswirkungen des Alters. Durch die Verstärkung der Autophagie bekämpft Spermidin die Alterung in diesen und anderen Körperbereichen.
Eine verminderte Autophagie beschleunigt die Alterung durch höhere oxidative Schäden. Dies führt zu einem Kontrollverlust bei der Bildung von Zellptoteinen, vermindert die Energieproduktion in den Zellen durch Hemmung der Mitochondrienfunktion und schafft weitere biochemische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer erhöhten Zellalterungsrate. Diese Auswirkungen können jedes Bereich des Körpers betreffen, insbesondere das Gehirn, da dies das stoffwechselaktivste Organ ist. Die alterungsbedingte Abnahme der Autophagie ist ebenfalls verantwortlich für die Sarkopenie – den fortschreitenden Verlust der Muskelmasse und -kraft, der mit der Alterung zusammenhängt.
Einer der Schlüssel dazu, Ihren Körper in seiner Fähigkeit zu unterstützen, mit Zelltrümmern umzugehen, besteht darin, deren Bildung und Ansammlung von vornherein vorzubeugen. Das beschleunigte Altern des Menschen äußert sich durch einen Zustand chronischer, leichter Entzündung. Dieser Prozess wird auch als „Inflammaging”, eine Kombination aus „Entzündung“ (inflammation) und „Altern“ (aging), bezeichnet und Entzündungen können eine verminderte Autophagie zur Folge haben.
Es gibt einige Faktoren für Inflammaging, etwa schlechte Blutzuckerkontrolle und Mangel an wichtigen Ernährungsfaktoren, die Entzündungen bekämpfen, wie Omega-3-Fettsäuren, polyphenolreiche Lebensmittel wie Beeren, anderes Obst, grünes Blattgemüse und carotinoidreiches Gemüse
Beim Inflammaging ist die Mitochondrienfunktion hauptsächlich durch von freien Radikalen und Prooxidantien verursachten Schäden und Stress vermindert. Dies führt zu einer größeren Ansammlung von Zellmüll innerhalb der Zelle. Daher nutzt man den Begriff „Garb-Aging” – die Kombination aus „Müll“ (garbage) und „Altern“ (aging) – um die Auswirkungen einer überschüssigen Ansammlung von zellulärem Abfall, einer verminderten Autophagie oder von beidem zu beschreiben. Spermidin kann zur Vorbeugung von Garb-Aging beitragen, indem es sowohl als Antioxidans wirkt als auch die Autophagie verstärkt.
Nahrungsmittelquellen für Spermidin
Spermidin ist in vielen Nahrungsmitteln in geringen Mengen enthalten. Weizenkeime, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Sojaprodukte und Pilze weisen den höchsten Gehalt auf. Auch reife Käsesorten und fermentierte Lebensmittel sowie Hühner- oder Rinderleber stellen gute Quellen dar.
Die geschätzte tägliche Aufnahme von Spermidin bei Erwachsenen in den Vereinigten Staaten und Europa liegt bei etwa 12,5 mg pro Tag. Drei Esslöffel Weizenkeime können etwa 5 mg Spermidin liefern, sprich etwa 40 % der normalen Tagesdosis.
Spermidin kann außerdem auch im Körper gebildet werden. Ein Weg führt über die Aminosäure Ornithin und ihren Metaboliten Putrescin. Hierbei wird Putrescin durch das Enzym Spermidin-Synthase in Spermidin umgewandelt. Spermidin kann in Spermin umgewandelt werden und umgekehrt. Spermidin, Spermin und Putrescin werden zwar ineinander umgewandelt, aber Spermidin ist das vorherrschende und wichtigste Polyamin für die menschliche Zellphysiologie.
Darmbakterien können ebenfalls Spermidin und andere Polyamine bilden. Da nicht alle Darmbakterien Polyamine produzieren, können verschiedene Zusammensetzungen des Darmmikrobioms eine günstigere Spermidinproduktion zur Folge haben. In der Darmschleimhaut hat Spermidin mehrere positive Effekte, unter anderem eine längere Zell-Lebenserwartung, die Wiederherstellung geschädigten Darmepithels und die Verbesserung der zellulären Energieversorgung.
Vorteile von Spermidinpräparaten
Eine Spermidinsupplementierung ist eine Möglichkeit zur Erhöhung der Spermidinzufuhr. Als freiwillige Probanden 15 mg Spermidin pro Tag einnahmen, wurde der Sperminspiegel im Blutplasma interessanterweise deutlich erhöht, allerdings ohne Einfluss auf den Spermidin- oder Putrescinspiegel. Spermin wird im Blut in die Körperzellen transportiert, wo ein Großteil wieder in Spermidin umgewandelt wird. Spermin bietet ebenfalls einige Vorteile.
Neben zahlreichen experimentellen und Humanstudien, die darauf hinweisen, dass eine höhere Spermidinzufuhr dem altersbedingten kognitiven Abbau vorbeugt, gibt es auch mehrere klinische Studien mit Weizenkeimextrakten, die auf den Spermidingehalt konzentriert sind und bei älteren Patienten mit abnehmendem Gedächtnisvermögen und kognitivem Verfall positive Ergebnisse zeigen.
Die jüngste Doppelblindstudie untersuchte den Effekt der Einnahme von Spermidin bei 85 Teilnehmern zwischen 60 und 96 Jahren aus 6 Pflegeheimen. Eine Gruppe erhielt ein Getreidebrötchen (Brötchen A), das jeweils 3,3 mg Spermidin enthielt. Die zweite Gruppe erhielt Brötchen, die mit Weizenkleie anstelle von Weizenkeimen gebacken wurden (Brötchen B) und 1,9 mg Spermidin pro Brötchen enthielten. Zusätzlich zur Durchführung von Gedächtnistests wurden auch Blutproben entnommen, um den Spermidinspiegel zu messen. Die Ergebnisse zeigten einen klaren Zusammenhang zwischen der Einnahme von Spermidin, dem Spermidinspiegel im Blut und einer Verbesserung kognitiver Leistung und des Gedächtnisses. Auf der Grundlage der Ergebnisse und der Blutproben lag die minimale tägliche Dosis von Spermidin, die erforderlich war, um eine Verbesserung erzielen zu können, bei 3,3 mg (ungefähr zwei Esslöffel Weizenkeime). Diese Festlegung hat sich als sehr wichtig erwiesen.
Eine weitere doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Pilotstudie zeigte, dass eine dreimonatige Spermidin-Supplementierung bei älteren Menschen in einer Dosierung von 1,2 mg Spermidin pro Tag Gedächtnisverlust verhindert. Diese vielversprechenden Ergebnisse hatten eine 12-monatige randomisierte kontrollierte Studie zur Folge, das sogenannte SmartAge Trial, um die Auswirkungen einer Spermidinsupplementierung auf die Gehirnfunktion und zugehörige Biomarker bei Patienten zu untersuchen, die von kognitivem Verfall über einen längeren Zeitraum betroffen waren. Allerdings betrug die tägliche Dosis Spermidin in dieser Studie nur 0,9 mg pro Tag, und im SmartAge Trial wurden keine signifikanten Verbesserungen festgestellt. Wie bereits erwähnt, wird der Schwellenwert für positive Auswirkungen einer Spermidinsupplementierung auf 3,3 mg pro Tag geschätzt. Die Dosis war daher nicht ausreichend, um einen nennenswerten Effekt zu erzielen.
Es existiert eine weitere Studie zur Spermidinzufuhr, die hinsichtlich der Gehirngesundheit erwähnenswert ist. In der Studie wurde die Spermidinzufuhr und das Befolgen einer Mittelmehrdiät bei älteren Teilnehmern mit kognitivem Verfall untersucht. Es wurden strukturelle Gehirnmessungen mit Hilfe von Magnetresonanztomographie (MRI) vorgenommen. Normalerweise kommt es mit zunehmendem Alter zu einem Verlust wichtiger struktureller Veränderungen im Gehirn, wie z. B. des Gesamtvolumens des Gehirns, des Volumens des Hippocampus und der Dicke der Gehirnrinde.
Es bestand ein positiver Zusammenhang zwischen einer höheren Spermidinzufuhr und verbesserten strukturellen Messungen dieser Faktoren. Dabei wurden die Vorteile, die bei der Mittelmehrdiät zur Erhaltung der Gesundheit des Gehirns während des Alterungsprozesses beobachtet wurden, noch verstärkt.
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